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Mytilene

Im „Accessionsjournal der akademischen Münzsammlung“ sind für das Jahr 1896 dreizehn griechische Münzen verzeichnet, die als »Berliner Schenkung« in die Sammlung gelangt sind. Darunter befinden sich 6 Münzen aus Mytilene, von denen eine exemplarisch näher betrachtet werden soll.

Auf der Vorderseite der Bronzemünze mit der Accessionsnummer 1772 ist der Kopf einer männlichen Figur im Profil nach rechts mit Hörnern und einer Binde im Haar abgebildet, den Robert als »Junger Zeus Ammon« beschreibt. Die Rückseite zeigt eine drapierte Herme des Dionysos, die von den Buchstaben M-Y/T-I (das abgekürzte Ethnikon ΜΥΤΙΛΗΝΑΙΩΝ) flankiert wird. Heute wird die Figur mit den Ammonshörnern auf der Vorderseite nicht mehr als »Junger Zeus Ammon« angesprochen, sondern aufgrund der Binde im Haar als Portrait des vergöttlichten Alexander d. Großen aufgefasst.

Mytilene ist die größte Stadt auf der Insel Lesbos (Nordöstliche Ägäis). In der 2. Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. stand sie unter persischer Kontrolle, konnte sich aber durch die Teilnahme am Ionischen Aufstand 499 v. Chr. davon lösen. Nach dem Sieg über die Perser 479 v. Chr. steuerte Mytilene dem für den Schutz aller Griechen begründeten attisch-delischen Seebund eine beträchtliche Anzahl an Schiffskontingenten bei, fiel dann aber 428 v. Chr. durch die anwachsende Unzufriedenheit gegenüber dem athenischen Regime ab. Ein daraufhin erlassener und dann vom athenischen Volk revidierter Beschluss verhinderte, dass, wie vorgesehen, alle Männer der Stadt getötet und die Frauen und Kinder in die Sklaverei geschickt wurden. In der hellenistischen Zeit stand Mytilene unter dem Regime unterschiedlicher Herrscher, gewann Anfang des 2. Jhs. v. Chr. durch die Unterstützung der römischen Expansion die Freiheit zurück, um sie dann im 1. Jh. v. Chr. wieder zu verlieren.

Mytilene gehörte mit zu den ersten Poleis, die die in Lydien ›erfundene‹ Münzprägung in Elektron (Gold-Silber-Legierung) aufnahmen. Die in verschiedenen Nominalen ausgebrachten Münzen wurden nach phokaischem Standard geprägt und zeigen eine Fülle von Bildern auf den Vorderseiten. Für das 5. Jh. v. Chr. ist ein Münzvertrag für die Städte Mytilene und Phokaia überliefert, in dem die jährlich wechselnde Prägung und Sanktionen bei Vergehen (bis zur Todesstrafe) geregelt sind. Silbermünzen prägte die Stadt vom 5. bis 2. Jh. v. Chr., die Bronzeprägung nahm Mytilene Ende des 5. Jhs. v. Chr. auf. Auf den Vorderseiten der Bronzemünzen sind die Götter Artemis, Apollon, Helios und Zeus Ammon wiedergegeben, während die Rückseite entweder eine Lyra, einen Dreifuß oder eine Herme des Dionysos zeigt.

MS